Sonntag, 29. April 2012

Entweder perfekt oder gar nicht...


Ich überlege schon länger, wieso ich oft so unzufrieden mit mir selbst oder gestresst bin... und mir dadurch noch mehr Sorgen mache. Also... früher war ich mal so der Perfektionist schlechthin. Unter den besten in der Klasse und beim Studium,  immer alles gewusst und versucht, so gut wie möglich zu machen. Mit der Berufsausbildung klappte dann schon nicht alles so, wie ich mir das gedacht hatte. Im Internet waren wir beim Studium auch mehr, als wir eigentlich sollten, was aber so gut wie alle Freunde betroffen hat :)

Als ich unbedingt nach Finnland wollte, wäre mir auch ein Job bei McDonald's recht gewesen. Und spätestens beim Erlernen der finnischen Sprache musste ich mich damit zufrieden geben, bei einer voll rot durchkorrigierten Seite ein "super gemacht" unter einem Aufsatz zu lesen. Besser ging und geht es auch immer noch nicht. Dann kam Frida und meine selbstaufgebauten Vorstellungen von allem möglichen gingen immer mehr den Bach herunter.

Aufgeräumte und schick eingerichtete Wohnung? Fehlanzeige. Lange Spaziergänge mit friedlich im Wagen schlafenden Kind? Vergiss es. Tiefe Gespräche, ankuscheln und seelisches, sich ohne Worte verstehendes Leben mit meinem Finn? Nicht mehr. Zeit mit Baby geniessen? Nur mit anderen in Familiencafés. Blühender Garten? Nicht bei minus dreissig Grad und knappem Geldbeutet. Und ich selber wurde mehr und mehr zur Zicke, die anderen das Leben schwer macht. Jedenfalls in meinen eigenen Augen.

Selbst wenn unsere Bude relativ aufgeräumt ist, irgendwo liegt immer ein Berg Sachen, ein Stapel Zeitschriften und Rechnungen, und das Aquarium müsste auch mal wieder saubergemacht werden. Energie ist null, ich muss mich erstmal eine halbe Stunde auf die Couch brezeln oder schnell gucken, ob wer was wichtiges gemailt hat. Und das schlechte Gewissen bleibt. Wenn ich eine Stunde wild geräumt habe, ist es besser, aber eben immer noch nicht alles.

Wenn Frida zuhause ist, ist es oft laut und sehr aktiv, ich und wir rennen beide wie aufgescheuchte Hühner durch die Gegend, sie spielend und ich auf- oder hinterherräumend und mich über Männe ärgernd, der egal bei welcher Unordnung nur seinen Kram macht. Das ist frustrierend, vor allem, weil ich ja eigentlich die liebe Mama sein will, die geduldig mit den Kinderlein auf dem Fussboden sitzt und spielt, Puzzles macht, Geschichten erzählt, Lieder vorsingt und immer neue Spiele erfindet, die die Kleine noch nicht kenne. Und kann es doch nicht, oder nur widerstrebend und halb anwesend.

Statt dessen sind zwischen Feierabend und Zubettgehen wirklich nur 2-3 Stunden, in denen Essen gekocht, aufgeräumt, Wäsche gewaschen, gespült und was-weiss-ich-noch erledigt werden müssen. Den Spagat habe ich noch nie geschafft, vor allem nicht, wenn wir auch noch 30-60 Minuten draussen spielen oder einen Fitnessspaziergang machen wollen, wenn Frida weder hilft noch einen in Ruhe murkeln lässt - und wenn ich nicht die Nerven habe, alles einfach liegen zu lassen und mit meinem Mäuschen mitten im Chaos zu sitzen und zu spielen. Aber das schlechte Gewissen!

Und wenn wir spielen, was wirklich oft passiert, setzt Tiita die Regeln und ich mache alles falsch und es gibt Streit und Tränen. Nicht mal malen darf ich, weil ich angeblich alles besser male als die total enttäuschte Frida. Oder beim Kochen oder Blumen einpflanzen, ich kann förmlich darauf warten, dass sie wieder wegen irgendetwas beleidigt oder wütend wird, und ich am liebsten wegrennen oder ausrasten würde, aber meist doch ruhig bleibe und alles in mich reinfresse. Also wieder missglückt. Ich schreibe das jetzt, weil ich hoffe, dadurch diesen Perfektionismus und das ständig nagende schlechtes Gewissen bewusst werden zu lassen und vielleicht mal loszuwerden. Aber es ist schwer... hängt vielleicht auch mit meier kaputten burn-out Rübe zusammen.

Selbst jetzt, wo Frida bei der Oma ist und ich den freien Tag geniessen sollte, habe ich wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich erst blogge, statt sofort meine Maus abzuholen. Aaarrrghhh. Und wenn sie dann da ist, fallen mir tausend Haushaltsachen ein, die ich nicht geschafft habe. Oder ich ärgere mich, weil bei den Grosseltern nur die Flimmerkiste läuft und alles wirklich chaotisch aussieht, es aber das beste Essen der Welt und viel Liebe gibt. Oder es gibt Streit, weil ich falsch spiele. Normal ist was anderes, oder? Wie machen das andere Mütter?  Ich habe von vielen gehört, dass sie nicht wirklich mit ihren Kindern spielen, sondern eher support staff im Hintergrund sind, eher vorlesen oder basteln. Dass Geschwister eh bessere Spielpartner sind. 

Und Männe sagt, dass ich viel lockerer werden muss. Aber diese doofen Bauchgefühle krauchen mich eben immer an. egal was ich mache. Entweder perfekte Mutter oder ganz gruslige oder gar nicht. Manchmal  denke ich, dass es besser ist, wenn ich mal für kurze Zeit ganz meine Ruhe habe, aber das hilft inzwischen nicht mehr wirklich. Am glücklichsten bin ich übrigens, wenn ich irgendwo was pusseln kann und Frida dabei mit anderen Kindern spielt, das ist perfekte Welt. Oder wenn Männe sich richtig Zeit nimmt, mit ihr albert und ihr etwas zeigt. Das kann er gut, wenn er nicht gerade telefoniert oder im Internet hängt.

Wenn ich die dritte Person sein darf, und mich einbringen oder zurückziehen, wie ich das selbst möchte, geht es. Oder wenn Frida mal nicht bockt. Vielleicht wird besser, wenn das Trotzalter ganz vorbei ist. Jetzt spielt Tiita ja auch total viel draussen und ich geniesse es auch, unter freiem Himmel zu sein. Letzte Woche haben Frida und ich übrigens Fahrradfahren ohne Stützräder geübt, das hat Spass gemacht. Frida hat abwechselnd gelacht, sich gefürchtet und ist verzweifelt, aber ich habe sie immer wieder ermutigt. Das war schön. Nur, dass die Dinger jetzt wieder dran sind *lach* weil Männe nachgegeben hat. So ist das bei uns :)

1 Kommentar:

  1. Ich gebe zu, ich bin eine Rabenmutter, ich spiele nie mit meinen Kindern. Und habe dabei noch nicht mal ein schlechtes Gewissen :-)
    Ok, ich kann mal etwas helfen beim spielen, eine Brio Eisenbahnstrecke aufbauen dass man da fahren kann oder ein Barbiehaus aufbauen, weil das eben eine gewisse Fertigkeit verlangt. Aber ansonsten spielen bei uns Kinder und ich als Erwachsene spiele nicht, gehört nicht zu meinen Aufgaben.
    Und wenn die Kinder jemanden zum spielen haben wollen, werden eben Freunde aus dem Kindergarten oder Verwandte und Bekannte eingeladen.
    Und finnische Kindergartenkindereltern sind gar nicht so muffelig wie es einem vorkommt. Ein Zettel in das Fach von dem Kind mit dem das eigene Kind spielen möchte, mit Telefonnummer drauf, und schon ist der Kontakt erstellt. Oft kommt auch noch die Mutter gerne vorbei zu einem Kaffee.
    Und wegen unaufgeräumter Wohnung braucht man da nicht so viel stressen, finnische Sauberkeitsstandarde sind viel niedriger als die von deutschen Hausfrauen die den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben! ;-))

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