Am Dienstag hatte ich noch einen Termin beim Arbeitsdoc, weil mir das Frieren und Zittern tierisch auf die Nerven geht. Die Zeit war dann sinnigerweise falsch im Kalender, wie so oft neuerdings, glücklicherweise fand sich gleich am nächsten Tage eine neue, sogar längere Sprechstunde. Den Dienstag verbrachte ich dann stattdessen damit, meine Symptome und die ganze lange Gruselgeschichte aufzuschreiben, damit ich ja nichts vergesse und gleichseitig meine Gedanken und Fragen sortiere.
Der Witz war dann, dass ich am Mittwoch bei strahlendem Sonnenschein und glitzerndem Frostschnee ins Stadtzentrum trabte und mir jedesmal, wenn ich überlegte, was ich eigentlich sagen sollte, nur die vier (!) Seiten in der Tasche einfielen. Heh, dann brauche ich ja gar nicht mehr nachzudenken. Da steht das ja viel detaillierter und in genauer Reihenfolge. Eigentlich könnte ich den Zettel so wegschmeissen, oder in einen Schrank packen, und wenn ich mich mal wieder dafür interessieren sollte, was in meinem schrottigen Kopf vor sich geht, kann ich ja nachlesen. Super Lösung. Ein bisschen grinsen musste ich sogar.
Die Ärztin zeigte mir noch einmal, dass die Schildiwerte im Herbst okay waren (TSH 3... meiner Meinung nach kann das trotzdem runter) und dann sprachen wir über meine Sorgen. Dämliche Gedanken, Schuldgefühle, Erinnerungen. Ahhh, aber na klar kannst Du von heute auf morgen ganz neu anfangen!!! Angst? Aber vor was denn? Brauchst Du nicht haben. Dazu passte, dass im Warteraum ein Magazin mit einem Bericht über Angststörungen lag, den ich mir gleich kopieren liess... Man soll denen ganz offen und neugierig begegnen, sie kennenlernen, anstatt davonzulaufen, anderes zu planen und so weiter - nichts wird passieren, ganz ruhig bleiben. Geholfen hatte auch eine englische Website über postnatale Depris, da wird man nicht gleich als irre abgestempelt, sondern sogar Streitlustigkeit steht bei den Symptomen.
Dass
ich so durch den Wind bin, kommt daher, dass ich im Herbst wirklich
in absolutem Überdrehungsgang gelebt habe. Arbeit und zuhause und alles mögliche bei zunehmender Dunkelheit, zack zack und ohne Freunde zu treffen. Dazu die durchwachten Nächte
über viele, viele Jahre, schlechtes Zeitmanagement, eigenes
Unterdrucksetzen, damit es überhaupt klappt und so weiter. Irgendwie bin ich auch so, dass ich momentan
schnell an meiner Family verzweifle, vielleicht ein typisches Einzelkind,
der nicht richtig gelernt hat, Konflikte konstruktiv zu lösen. Adrenalin wird nur ganz langsam abgebaut, sagte die Ärztin, und messen kann man das wohl auch nicht.
Mein Puls war trotz innerem Tatterich richtig niedrig, um die 60 *schnarch* und wegen der Depri-Meds soll ich mir auch keine zusätzlichen Sorgen machen, weil die in Finnland neuerdings eh eher bei Schlafstörungen als bei richtigen Depressionen eingesetzt werden... laut Studien hat sogar deren Placebo geholfen... also halb so wild so far. Wegen der Streitereien sagte sie, wir sollen verzeihen, die alten Zanks vergeben und neu anfangen. Mhhh. Na klar kannst Du ganz neu, von einem leeren Tisch anfangen, weisst Du, wie oft ich das schon in meinem Leben gemacht habe? Jetzt versuchen wir es nochmal, zumindest schlafe ich ja jetzt richtig. Und die Sonne lacht, knallblauer Himmel und fast minus 20 Grad *freu*
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