Freitag, 11. November 2011

Sankt Martin...

Diese Woche stand ganz im Zeichen von Sankt Martin. Für mich ist das eher eine finnische als eine deutsche Tradition *lach*, weil ich das erst hier in Jyväskylä kennengelernt habe. Irgendwie sind wir im östlichen Harz zwar auch irgendwann mit Laternen durch die Gegend gerannt, aber vielleicht nicht am 11. November und niemals mit Pferd und Martinsliedern - obwohl ich die Geschichte vom Heiligen Martin und seinem Mantel natürlich kenne. Davon abgesehen, dass ich da immer an einen ganz anderen, blondgelockten, singenden und gitarrespielenden Martin denken musste, haha. Und an die Gans von Nils Holgersson, dem Schwarm meiner frühen Kindheitstage.


Jedenfalls sind wir am Mittwoch spontan zum Laternenumzug der deutschen Muttersprachklasse zur Puistokoulu gefahren. Hier ist es ja so, dass alle Kinder, die nicht finnisch oder schwedisch als Muttersprache haben, einmal pro Woche extra in ihrer eigenen Sprache unterrichtet werden, sobald es mehr als vier Kinder gibt (wohlgemerkt in der gesamten Stadt) und sich ein Lehrer findet. Ganz einfach ist das Unterrichten sicher nicht, weil die Kids ja alle ein ganz untereschiedliches Sprachniveau haben, aber ich finde es supertoll, dass so etwas überhaupt organisiert wird, und auch noch  kostenlos ist. Es müssen ungefähr 20 verschiedene Klassen sein...

Die grossen Kinder hatten es ziemlich eilig, führten ein kurzes Theaterstück auf, was wir leider nicht gesehen haben, weil wir nicht genau wussten, in welchem Raum sie sind, aber es war auch schon schön, die Kostüme und die strahlenden Augen der Eltern zu sehen. Zumal viele der Kids früher in unserer, meiner Spielgruppe gewesen sind *freu* Danach wurden alle in ihre Haalaris gestopft, man suchte die Schuhe zusammen (in finnischen Schulen geht man auf Socken oder in Hausschuhen) und raste einmal mit Laternen in der Hand und Liedern auf den Lippen über den Schulhof. Gut, dass die Sprösslinge danach noch eine Weile wild um eine aufgemalte Spirale kreisten, sonst hätte ich gar keine vernünftigen Bilder bekommen =)

Am Freitag war dann Martingsfest für die deutschsprachige Spielgruppe der kleineren Kinder. Ich habe mich ja in diesem Herbst aus der Leitung der Gruppe ausgeklinkt, weil ich ständig auf Reisen bin und es nach drei Jahren auch mal Zeit wurde, dass jemand mit neuen Ideen kommt, aber es geht auch so richtig schön weiter. Wir sind jetzt im Tikkaer Kindergarten, in ganz anderen Räumen, und haben von der Uni zwei echte deutsche Studenten bekommen, die sich um die Kinder über vier kümmern - also mit ihnen getrennt von den Eltern und Kleinkindern basteln und singen, während Mami und Papi Kaffee trinken und quatschen bzw. die Krabbelkinder beaufsichtigen. Türdienst, Abwasch und alles andere wird jetzt abwechselnd von allen organisiert, was eine sehr gute Lösung ist.

Die getrennte Beschäftigung ist unheimlich produktiv, weil die Grossen vorher eher nur gelangweilt herumgehangen haben (wenn sie überhaupt gekommen sind) und auf keinen Fall mit den Babys in einen Topf geworfen werden wollten, während die Kleinen lieber frei gespielt haben, oder eben noch als Babys auf der Decke lagen, als an den Tisch mit Bastelsachen, Backutensilien oder Büchern (je nach Thema) zu kommen. Deutsch sprechen mussten sie dabei ja nicht wirklich... und viele waren auch noch viel zu klein dafür. Und sie wussten, dass fast alle Erwachsenen auch finnisch konnten. Zumal es den meisten Eltern furchtbar peinlich war, irgendwelche Lieder zu singen oder Fingerspiele zu machen *lach* Ich bin ja auch Diplomkaufmann und kein Kinderbespasser, ganz und gar nicht =)


Jetzt haben wir in der kleineren Gruppe viele zweijährige Kinder, die aus Familien kommen, in denen beide Eltern fliessend deutsch sprechen und die haben natürlich einen total positiven Einfluss auf die anderen, die wegen der Familiensprache oder des Kindergartens eher zum Finnischen neigen. Fridas alte Freunde dagegen, unter anderem aus Halle und der Schweiz, sind dagegen weggezogen. Wir müssen mal sehen, wo wir noch neue germanische Familien mit vier- fünfjährigen Kinds auftreiben können. Früher gab es alle paar Wochen mal neue Spielgruppenteilnehmer, aber seit ein, zwei Jahren schmoren wir sozusagen in unserem eigenen Saft. Und neue finnische Mamis trauen sich schon gar nicht, mehr als einmal die teutonische Gemütlichkeit zu durchbrechen, was ich wiederum sehr schade finde.

Aber egal, jedenfalls hatten wir mit den Kleinen einen wunderschönen Martinsumzug. Erst haben Olga und Barbara mit den vier- bis siebenjährigen Laternen gebastelt, Frida als Kleinste auch tapfer dabei (Mä sanoin jopa jotain saksaksi!), dann haben wir uns im Stockdunklen auf dem Spielplatz versammelt (Kinder in gleichfarbenen Overalls im Dunkeln zu suchen ist auch witzig), die Lämpchen und Lampions angezündet und sind laut gröhlend singend zum Tikkaer Strand marschiert. Das war total schön, ich habe ungefähr 40 Personen gezählt. Die Kinder liefen sogar teilweise ganz allein und jaulten von sich aus "Latärne, Latärne, Sonne, Mond und Stärne" =) Schade, dass die Gegend relativ unbewohnt war, die Finns hinter den Fenstern hätten uns bestimmt ziemlich lustig gefunden.


Am Strand haben wir noch ein paar Liedchen geträllert, die kleinen Kinder haben vor Müdigkeit heulend in das Konzert eingestimmt, die Beinchen taten weh und die Finger froren, und der Rückweg war ziemlich weit, aber ich glaube, dass es trotzdem allen sehr gut gefallen hat. Müssen wir nächstes Jahr wieder machen,vielleicht sogar mit den Schulkindern zusammen, und vielleicht können wir dann sogar ein Pferd auftreiben. Früher war Bella von Reuters immer dabei... mal sehen.

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