Donnerstag, 17. März 2011

Drei Wochen...

Morgen ist der letzte Tag meines Krankheitsurlaubes (äähm, wie heisst das bloss auf deutsch) und ich bin geradezu entsetzt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Hatte ich mir doch vorgenommen, diese Tage richtig zu geniessen, stundenlang vor dem Fernsehen und vor Einrichtungs- und Gartenzeitschriften zu sitzen, ab und zu ein Nickerchen zu halten, Blümchen und Tierchen zu versorgen und - last but not least - unsere Wohnung und sogar die Schränke in einen Zustand zu versetzen, in dem sie noch nie gewesen waren =)

Neeein, irgendwie sind die Tage rasend schnell und ganz anders vergangen. In der ersten Woche war ich ja noch ganz vorsichtig. Montag mein Büro schnell aufgeräumt, Dienstag endlich ausgespannt, und am Mittwoch ins Zentrum, um bei Mehiläinen Fäden ziehen lassen. Am Donnerstag war glaube Frida zuhause, weil sie die Nacht durchgemacht hatte und weil es so schön ist, mit einem kuschligen, warmen Kind bis Mittag zu pennen. Die Wochenenden haben wir immer wunderschön in Familie verbracht und entweder draussen etwas unternommen oder Verwandte besucht. Siehe Bilder in den anderen Posts.

Glücklicherweise war es auch in der zweiten Woche an fast jedem Tag so, dass ich morgens mit Tiita und Mika aufgestanden bin und wir gemeinsam die Kleine zu Tante Laura gebracht haben, so dass ich wirklich viel Zeit für mich hatte. Aber in reality mussten dann doch Rechnungen bezahlt, der Fussboden saubergeräumt, Wäsche gewaschen und Essen gekocht werden, und dann kam schon Mika und der Alltag setzte ein. Einen Tag war Madamchen auch wieder zuhause und am Donnerstag bin ich allein mit dem Bus in die Stadt, um der neuen Filiale von Polarn O. Pyret einen Besuch abzustatten und ein bisschen zu shoppen - das war am allerschönsten, so konnte es weitergehen.

Am Freitag dann konnte ich aber nur noch völlig entsetzt auf den Fernsehschirm starren. Furchtbare Bilder aus Japan, riesige Wellen, weggeflutete Autos, schwimmende Häuser, Müll und Schutt überall, so wie es selbst Stephen Spielberg sich nicht hätte ausdenken können. Ach Du Sch...!!!! Groteskerweise habe ich genau diese Woche meine Kanäle neu geordnet und dabei Arirang und NHK gefunden. Witzig, ein japanischer Kanal... dass der 24h später die Schlagzeilen bestimmen würde, konnte ich da noch nicht wissen. Live und in Farbe. Wasser überall und die Apokalypse auf japanisch. Nachts dann Brände, Explosionen und die ersten Bilder der zerstörten Kernreaktoren. Unstoppbare Vorgänge, schon die ersten Prognosen liessen schlimmes ahnen. Es ging mir wie damals 9/11 - ich habe nachts kaum ein Auge zugemacht.

Wollte die ganze Zeit Nachrichten sehen, aber das geht mit einem kleinen Kind natürlich nicht. Wo man lachend auf ein Auto auf einem Dach zeigen muss und "hups, die schwimmen aber schnell" sagt, während riesige Schiffe ziellos auf Brücken krachen... nee, das geht nicht. Also blieb der Fernseher ab da aus und das war auch für meine Nerven besser. Die News auf Facebook und der n-tv Nachrichtenseite waren und sind schlimm genug. Ich war nur heilfroh, dass man niemals Menschen in den Autos und Schiffen sah... ob die da gephotoshopped hatten?

Und dann fiel mir auf, dass die Finnen ganz anders berichten.  Hesari war viel besonnener, beruhigend, die guten Nachrichten herauspickend und (blind?) Authoritäten vertrauend, während sich in den deutschen Medien alles direkt vor der Haustür und in schlimmsten Bildern und Albträumen ereignete (alles völlig ausser Kontrolle) und eine Seite die andere an Grausamkeiten zu überbieten suchte. Häh, sollte das das gleiche Erdbeben und das gleiche Kernkraftwerk sein?

Letztendlich bin ich auf BBC und CNN mit sachlicheren, ausgeglicheneren Analysen umgestiegen. Und dann die Japaner, die mit Ruhe und Stolz, gefasst und ganz besonnen ihr Schicksal zu ertragen scheinen, zusammenhalten und sisu demonstrieren, während ihr Land einer unvorstellbaren Katastrophe entgegenschlittert und der Nordosten völlig zerstört ist. Keine Tränen im Fernsehen, keine Verzweiflung, keine Massenausreise. Was für ein Paradebeispiel für cross cultural communication.Wie unterschiedlich doch Völker sein können, auch in einer zusammengerückten Welt.

Und dann überlebe ich schon eine Woche lang, was man machen könnte, etwas konkretes, aber ausser Spenden und Internetaktionen sind uns wahrscheinlich einfach die Hände gebunden, wir können nur zugucken, wie Nippon mit letzter Kraft kämpft =( Früher haben Familien sich gegenseitig aufgenommen, Kinder wurden ins Ausland verschickt oder ähnliches, aber jetzt ist (auch glücklicherweise) alles so weit weg. Aber für die Zukunft muss umgedacht werden.

Irgendwie ist unser Energiekonsum und überhaupt der Verbrauch von Resourssen total irrwitzig. Wenn ich sehe, wieviel Spielzeug Fridas Zimmer verstopft, wieviele Bücher und unzählige T-shirts und Hosen sie hat (das meiste davon geschenkt..), wieviel wir jede Woche an Essen und Krempel kaufen - und dann doch stöhnen, weil wir keinen Platz haben und die Schränke proppevoll sind - muss das sein? Können wir nicht alle einen kleinen Schritt zurückschalten? Vielleicht ist das ein Weg zu helfen. Auf mein Baby aus Haiti warte ich übrigens immer noch. Und mir sass am Sonntag ein Riesenkloss im Hals, als drei asiatische Kinder mit Frida bei Kodin Ykkönen spielten. Die Welt ist winzig klein geworden.

Und diese letzte Woche verging dann wiederum damit, meinen und Fridas Schlafrhytmus ins Lot zu bringen. Zuviel Nachrichten, zuwenig Bewegung draussen und zuviel Internet... dafür quietschende Kleinkinder mitten in der Nacht, geschmierte Brote, vorgelesene Bücher und Janosch-Musical-DVDs. Am Montag wieder den halben Tag im Büro, dienstags und mittwochs Frida zuhause. Ewig lange geschlafen und dann haben wir beide eine Busreise in die Stadt, zu Café Voca und dem neuen Spielzeugladen im Forum unternommen (das hat Frida total gefallen!), bevor wir mit dem Papa zu Pasi nach Saarijärvi gefahren sind.

Heute abend war Männe wie so oft beim Eishockey und wir sind wieder mit Fridas Tretschlitten ums Haus gefahren, während alle anderen Kinder schon in den Betten lagen... hehe. Und das war es schon. Vier Wochen ohne Job, rasendschnell vergangen. Japan in Trümmern, und irrerweise dreht die Welt sich weiter. Hast Du auch schon einen von Origami-Kraniche gefaltet? 1000 Cranes for Japan... just to give a bit of hope.

1 Kommentar:

  1. Polarn o Pyret , da würde ich auch so gerne mal shoppen. LG Ute

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