Montag, 14. Februar 2011

Finnischer Frost...

Viele Nichtfinnen fragen immer, wie sich denn -30 Grad Frost anfühlen, ob man das uberhaupt aushält. Wir konnten das heute "glücklicherweise" wieder testen und ich muss sagen, dass ich da zwar immer grinse, weil es so extrem ist und weil dabei meist die Sonne scheint, aber andererseits ist es wirklich grauenhaft. Trotz langer Unterhose, Fleecepulli und Goretexjacke denkt man schon auf dem Weg zum Briefkasten, dass man vielleicht doch nicht im Bikini draussen herumturnen sollte. Die Kälte beisst sich sofort durch die paar Textilschichten. Wenn man länger rausmuss, zieht man natürlich noch mehr an, Overall und Wollsocken und Fellmütze und so, aber für den ins Auto hüpfenden Büromenschen muss ein bisschen mehr Fleece reichen.

Schmerz ist übrigens überhaupt die bessere Beschreibung. Die trockene Kälte hier hat nicht viel mit dem Bibbern bei nasskalten 0 Grad in deutschen Landen zu tun, sondern ist eher beissend und schneidend. Das Gesicht brennt, die Finger sind steif und tun weh, alle Muskeln spannen sich instinktiv an, man steht bewusst "in the middle of one's clothes", kneift die Augen zu (die meisten Finns haben tatsächlich erstaunlich schmale bzw. leicht schräg stehende Augen), atmet ganz vorsichtig und schätzt sich glücklich, wenn man nicht länger als 5 Minuten bei der Saukälte draussen herumlaufen muss (wollten wir einen Hund?).

Die Autos sind stocksteif gefroren und knarksen dementsprechend, wenn man sie in Bewegung setzt. Soweit man die Tür aufgerissen bekommt (man sollte die Gummis ab und zu talken...) und sofern weder das Schloss (mein Auto) noch der Motor (alle anderen) eingefroren sind, weil man abends vergessen hat, die Motorheizung per Kabel an die am Parkplatz befindliche Steckdose zu stöpseln. Die hat sogar ne Zeitschaltuhr, damit der fahrbare Untersatz passenderweise zwischen 6 und 8 Uhr morgens aufgeschmolzen wird.

Begüterte Leute haben zusätzlich noch eine Innenraumheizung, die auch per Kabel oder mit Treibstoff das Auto mollig macht und die Scheiben schmilzt. Ich denke schon seit zehn Jahren, dass mein Auto bald die Hufe hochreisst und sich das nicht mehr lohnt... ausserdem sollen nicht wenige Autos schon in Flammen aufgegangen sein, wenn man die nicht richtig anschliesst... Dass wir Spikes an den Winterreifen haben, wisst Ihr ja schon, oder?

Wenn man dann auch fluchend und mit total gefrorenen Fingern trotz zwei Paar Handschuhen (die Daumen, aaauuuuhhh) die Scheibe innen und aussen frei bekommen hat, und wenn die Handbremse nicht eingefroren ist (Männe), und wenn das Auto sich dann rumpelnd und knackend in Bewegung setzt, dann bekommt man spätestens nach ein paar Metern das Problem, dass die Gänge nicht funktionieren, weil sich das Getriebe in zähflüssigen Beton verwandelt hat. Also mit Gewalt also von 1 auf 2 und 3 und dann geht es meist schon wieder.

Da bei knitternder Kälte meist die Sonne scheint (bei uns ist es jetzt von ca. 8 bis 18 Uhr hell), sieht man im Gegenlicht dann durch die Scheiben gar nichts mehr. Meist liegt nämlich noch eine hauchdünne Schicht Reif innen oder aussen auf dem Glas oder bildet sich durch die Geschwindigkeit und der reflektiert alles. Also fluchend wieder raus und nochmal kratzen. Dann auf den eiskalten Sitz zurück, Baby beruhigen, was sich dummerweise schon wieder die Handschuhe ausgezogen hat und friert - und weiter geht's.

Neeeein, ich lache meist dabei und freue mich, in einem so verrückten Land zu wohnen. Kriminell wird es nur, wenn wir Ende der Woche angeblich bis zu -50 Grad (!!!) kriegen sollen und ich zwar weiss, wie ich mit dem Bus in die Stadt komme, aber nicht wie ich das Kind zur Tagesmutter auf die andere Seite der Autobahn bekommen soll. Vielleicht erst ins Zentrum und dann zurück und dann wieder ins Zentrum? Hoffentlich hält Männes Auto durch. Heute waren wir übrigens noch zuhause. Frida war zwar am Nachmittag mehr als fidel, aber ich durfte mich wieder einmal mit meinem dämlichen Magen herumschlagen. Zum Glück ist Mika jetzt wieder da und die beiden liegen lieb im Bett und schnarchen =)

Und bei der Gelegenheit fällt mir wieder ein, dass ich im Winter ja in Kortesuo wohnen wollte, also der anderen Wohnung, zu der wir im April den Zuschlag bekommen hatten... da fährt nämlich der Bus alle zehn Minuten gleich vor der Haustür ab und man könnte das Frostauto bis zum März ignorieren - aber alles kann man eben nicht haben. Vielleicht später.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich das lese dann weiß ich dass ich UNBEDINGT noch einmal nach Finnland muss!

    Aber ich glaube, auch mit dieser detaillierten Beschreibung, kann sich diese Kälte in Deutschland niemand vorstellen, der es nicht schon einmal selbst gespürt hat!

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