Eigentlich wollten wir morgens gleich nach dem Frühstück losfahren, aber in so einer Babyfamilie ist das alles nicht so einfach. Beziehungsweise, wenn man den vorherigen Tag mit Ereignissen so vollstopft, dass man abends keine Zeit mehr hat, seine Sachen zu packen. Und wenn man nachts jede Stunde von irgendeinem Nachtschreck geweckt wird, steht einem morgens um 7 auch nicht gerade der Sinn nach Aufstehen... Also sind wir gegen 11 aufgestanden (mein Handy bimmelte für "lounas"), haben in Ruhe gefrühstückt, alles eingepackt und Frida fertiggemacht. Zum Glück hatte ich drei Leute hier, an die ich diverse Aufgaben deligieren konnte *lach*
Erst gegen 14 Uhr sassen wir im Auto. Je näher wir Ähtäri kamen, umso mehr schneite es und man sah kaum die Hand vor Augen. Mmmh, nicht perfekt für einen Tierparkbesuch. Aber aufgrund unseres verspäteten Aufbruchs war es dann auch einfach, zu Plan B überzugehen. Sonst würden wir nachher im Dunkeln da herumstapfen. Also den Zoobesuch auf Freitag verschoben. Laut Wetterbericht sollte da sogar die Sonne scheinen. Optimisten =) Das Mesikämmen Hotel war dann richtig klasse. Gar nicht so ein 70er-Jahre-Bunker, wie ich das befürchtet habe, sondern schön nordisch gestylt, luftig und interessant - natürlich etwas im 70er Stil, der ja inzwischen wieder topmodern ist *lach* Am besten waren die Flure... tief in die Felsen gebaut und an den Wänden lief sogar Schmelzwasser herunter. Wie in einer Tropfsteinhöhle...
Unsere Zimmer waren ganz vorne mit Seeblick. Natürlich mit unsichtbarem, da zugefrorenen See, auf dem im Minutentakt Motorschlitten kreuzten. Sehr cool. Frida tobte auf dem Doppelbett herum und war gleich ganz zuhause. Unsere Reisemaus. Wir sind dann auch schnell aufgebrochen und nach Tuuri weitergefahren. Dem grössten Dorfladen der Welt, wo Millionen von Touristen jedes Jahr hinpilgern. Was ich eigentlich gar nicht verstehe - das Kaufhaus ist nämlich so ein ziemlicher Ramschladen. Nicht besonders attraktiv, kaum anderes als anderswo, aber eben ein paar Cent billiger. Und die Gebrüder Keskinen haben es geschafft, das ganze fleissig zu vermarkten. Ein richtiges Imperium sozusagen. Mit kitschigem Orient-Hotel, grossem Hufeisendenkmal und zig Läden, im Sommer gibt es im "Glücksdorf" Tuuri sogar Konzerte und ähnliche Ereignisse.
Glücklicherweise war der Laden diesmal nicht so überrannt wie wenn wir sonst am Wochenende mit Kuohus Feuerwehr dort waren. Man wurde nicht herumgeschoben und musste 45 min an der Kasse anstehen, sondern konnte frei laufen und sogar in einem der vielen Restaurants essen, ohne von anderen Shoppingwütigen zerdrückt zu werden. Gekauft haben wir aber nicht viel... wie gesagt, wir sind ja inzwischen voll eingerichtet und haben überhaupt keinen Platz mehr für Plunder jeder Art. Von den fehlenden Moneten ganz zu schweigen =)
Und ausserdem hatten wir es eilig. Sehr eilig. Das Hotel hatte nämlich unser Übernachtungspaket so schlau gepackt, dass sowohl das Schwimmen als auch das Abendessen gegen 20:00 endeten. Ääähm. Wo ich doch unbedingt baden wollte. Und natürlich auch was hinter die Kiemen bekommen musste. Im Auto meckerte ich enttäuschterweise nur vor mich hin und legte zig Pläne zurecht, was ich wann machen wollte und wie in aller Welt ich beides schaffen sollte. Schliesslich half nur rennen. Um 19:00 waren wir im Hotel, um 19:10 stand ich vor der Spa, um 19:20 kam ich ins Wasser, bis 19:30 schwimmen, dann schnell noch Whirpool, Sauna, Duschen und Anziehen und Punkt 19:50 fiel ich mit nassen Haaren, knallrotem Gesicht und Schlabberklamotten, aber superglücklich im Restaurant ein. Sowas geht auch nur in Finnland. In England und anderen eleganten Ländern hätten die mich in dem Zustand gar nicht an die Futterkrippe gelassen =)
Im Restaurant waren auch viele andere Kinder, die dann später auch Karaoke machten. Cool, wie solche Zwerge singen können. Frida sagt ja immer nur "gagn gagn" =) Als die Babyaugen immer kleiner wurden, sind wir aufs Zimmer. Wo Frida wieder putzmunter auf dem Fussboden herumrutschte, bis wir gegen 22 Uhr beschlossen, doch noch etwas zu trinken zu holen. Und vielleicht ein paar Minuten in der Hotelbar zu sitzen. Gesagt, getan. Mit Baby in einer Bar - irgendwie total cool. Männe trank Bier, ich Wasser und wir hörten eine halbe Stunde Musik, während Frida neben uns im Hochstuhl herumalberte. Glücklicherweise war es auch nicht laut und wir waren nicht die einzigen mit kleinen Kindern. Richtig erholsam *freu*
Die Nacht war dann durchwachsen - das Mäuschen wachte mehrmals schreiend auf und ich beschloss daraufhin, Wache zu stehen, das Händchen zu halten oder gegebenenfalls schnell die Brust zu reichen und gleichzeitig mein neues Astrid Lindgren Buch zu lesen. Und das, obwohl das Hotel sooo schöne weiche schmusige Betten hatte. Bis kurz vor vier sass ich da, mit brennenden Augen und lahmen Gliedern. Aber vielleicht irgendwann einmal... jetzt bin ich ja erst einmal hauptberuflich Mama *festnick*
Komischerweise komme ich aber trotzdem mit wenig Schlaf aus. Um 9 mussten wir schon wieder aufstehen, um noch Frühstück abzubekommen. Jetzt weiss ich, wieso ich auf Fotos neuerdings so tiefe Schatten unter den Augen habe. Im Restaurant habe ich mich durchs Buffet probiert, dann haben wir bezahlt, gepackt und Frida hat sogar noch eine grosse Unicef-Puppe bekommen. Aus Stoff. Wo ich doch Plastepuppen nicht ausstehen kann... als Kind hatte ich auch nur Plüschtiere gern =)
Nach einem kleinen Umweg nach Ähtäri, um Makkaras und Limo zu kaufen, kamen wir dann endlich zum Tierpark. Haaachja. Da war ich ja 1999 mit meiner Friend Family schon gewesen. Aber noch total unkundig, das heisst, ich wusste weder wo wir uns befanden noch was wir vorhatten noch verstand ich besonders gut finnisch... alles war also neu und fremd und total exotisch. Diesmal wusste ich schon was ich wollte: Ahmas sehen, Poros und Sudet. Also Vielfrasse, Rentiere und meine geliebten Wölfe. Aber es gab auch viele andere interessante Tiere. Und der Rundweg war mit ungefähr 3 km auch gut mit Kinderwagen zu schaffen. Frida guckte grösstenteils interessiert in die Landschaft oder liess sich mit kurzen Spurts gut vom Quengeln ablenken. Und dann kam sogar die Sonne raus - knallblauer Himmel auf schönem weissen Pulverschnee. So wie sich das für Finnland gehört! Hatte Mika doch recht behalten....
Die Vielfrasse und Bären waren leider nicht zu sehen, aber alle anderen Tiere waren so schön und interessant. Lustige, mit den Füssen knackende Rentiere, im Bau sitzende Biber, riesige Wisente, viele verschiedene Rehe und Hirsche, Rot- und Polarfüchse, verschiedene Eulen, die es in Mitteleuropa nicht gibt, verpennte Otter, grunzende Wildschweine, süsse Luchse und wunderschöne pelzige Schneeleoparden... also alles mehr oder weniger in der nordischen Hemisphäre vorkommende Tierarten. Dazu gab es gut gemachte Schautafeln, sogar auf deutsch, Spiele für Kinder und spannende Lichtschalter =)
Beim Elchgehege wurde die erste und einzige Rast gemacht. Die riesigen Pelzberge standen an ihren Raufen und futterten, so dass man gar nicht sehen konnte, wie gross sie eigentlich waren. Also packten wir auch erstmal unsere Makkaras aus. Grillen über dem offenen Feuer - noch etwas, was nur in Finnland möglich ist *schwärm* Und Möhrenkartoffelbrei in einen Babymund zu stopfen, der sich aufgrund der Minustemperaturen tief in einem dicken Overall befindet. Eigentlich könnte so ein Haalari von Anfang an rotorange gefärbt sein =) Irgendwie bekam ich das Baby doch satt und konnte selbst eine halb verbrannte Wurst mampfen. Inzwischen waren die Elche unmerklich ans Gatter gekommen. Booaaaah, solche grossen Brummschädel, solche grossen Augen, so lange Quanten und so ein weiche sanftes Maul. Der eine grosse Elch liess sich sogar streicheln - genau wie damals vor sieben Jahren. Cool. Mich knutscht ein Elch =)
Von dem ganzen Tiereangucken war Frida dann so fertig, dass sie fast ohne zu Meckern im Kinderwagen einschlummerte. Bei den Mardern plinkerte man noch einmal, aber dann war Nachtruhe angesagt. Und wir konnten in Ruhe Wölfe gucken. Diese geliebten und gefürchteten Räuber, die ein tolles Sozialleben haben, aber auch Hunde und Schafe von Höfen holen. Gar nicht weit von Jyväskylä. Die von der EU geliebt, aber von den Finnen auf dem Lande gefürchtet, gehasst und ab und zu abgeschossen werden. Fast lautlos lief das Rudel durch den Schnee, einzelne Tiere näherten sich dem Zaun, guckten und liefen weiter, übergaben an andere, die dann mit grossen klaren Augen die Besucher musterten. Und weiterliefen, um nach wenigen Minuten wieder lautlos da zu sein. Mit dickem grauen Nelsonfell. Mit ganz spitzen, gut bewaffneten Schnauzen und so schönen aufmerksamen Augen. Wenn man so einen Hund hätte... *träum* Den man knuddeln und streicheln könnte. Der zahm ist und nicht beisst. Soooo tolle Tiere! Aber im Wald möchte ich denen nicht begegnen =)
Nach knapp drei Stunden Rundgang kletterten wir dann müde und durchgefroren, aber glücklich ins Auto. Schade, dass es in Finnland nur so wenige Tierparks gibt. Aber freie Tiere sind ja noch besser. Auch wenn man sie fast gar nicht zu Gesicht bekommt. Und wir haben ja unsere eigenen Fellnasen. Nelson wurde aus Kuohu abgeholt und den Abend verbrachten wir dann wieder zuhause. Irgendwann im Sommer machen wir das ganze nochmal *festvornehm*
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