Freitag, 25. Februar 2011

G-stones...

Eine Woche weg vom Fenster, eine Woche sozusagen auf der anderen Seite des Lebens, so wie mir das vor etwas über einem Jahr schon mit meinem Rücken gegangen war. Am Donnerstag abend war ich aus der Palokkaer Ersten Hilfe entlassen worden und wiederhergestellt zuhause eingefallen. Den Freitag verbrachte ich im Büro, mit kneifenden Magenschmerzen auf meinem Stuhl herumrutschend, und am Sonnabend war ich so entnervt, dass ich Männe und Frida bat, mich doch sicherheitshalber noch einmal beim Jyväskyläer Krankenhaus abzugeben (am WE hat Palokka zu), damit die nochmal nachgucken können, während meine Familie sich bei ABC's Tankstellengeburtstag amüsieren würde. Das geht ja wohl nicht weiter so, wenn man nichts essen kann und nie weiss, wann was wie höllisch weh tun wird, von meiner miesen Laune und Unbelastbarkeit ganz zu schweigen. Sogar die Pipi war schon ganz braun.



Also wieder in mein Lieblingskrankenhaus. Ich kam aufgrund der Schmerzen (7 auf einer Skala von 1-10) auch recht schnell dran, es wurde noch im Flur Blut abgenommen und Fieber gemessen und ich durfte mich dann auch ziemlich bald auf eine Liege legen. Mit Kanüle und Tropf und Schmerzmitteln. Da lag ich so und las Hauszeitschriften, stundenlang. Die Schmerzen wurden schon besser, aber ich hatte keine grosse Lust, wieder nachhause geschickt zu werden. Ätzend wurde es erst, als ein unmöglicher Alki in meinem Alter neben mich gelegt wurde, der hat zum Entsetzen seiner Freundin rumgepöbelt, dass es die wahre Freude war... huuaaah.

Dann Ultraschall mit einer ganz netten und hübschen Ärztin - irgendwie sind die Docs neuerdings alle jünger als wir. Klar, verdickte Gallenwand, Verdacht auf Gallenblasenentzündung und ganz viel Gries, ganz super. Sie liess durchblicken, dass sie nicht bis Ende März warten würden, aber so ganz genau äussert sich ja so ein Finn nicht. Nur ich wusste aus dem Netz, dass das schon ziemlich ernst war und dass die da wahrscheinlich nicht mehr lange zappeln können. Also weiter rumgelegen und auf die Laborergebnisse gewartet.

Irgendwann abends durfte ich dann auf die Bettenstation der Nothilfe umziehen, eine Etage höher. Supermodernes Zimmer mit zwei Flatscreen-Tvs, mit WLAN und einer richtig netten Bettnachbarin. Ausruhen.... wenn nur nicht die doofen Krämpfe alle paar Minuten wären und wenn die Kanüle in der Hand nicht so entsetzlich pieksen würde. An Schlaf war nachts auch nicht gerade zu denken, die Wanduhr tickte und die Schwestern guckten alle Stunde nach uns, nahmen Blut ab und knipsten das Licht an und vielleicht wäre ich ja auch aus dem schmalen Bett gefallen... aber da wusste ich noch nicht, was noch kommen würde.

Am Sonntag passierte gar nichts. Immer wieder Blut abgenommen, Fernsehen geguckt, gelesen und mobil gesurft. Abends kamen auch Männe und Frida vorbei. Am Nachmittag hatte ich noch die Freude, mein erstes CTG durchstehen zu müssen. Der Gedanke an die chilenischen Bergarbeiter in ihrer 60cm-Röhre rettete die Situation, ich kam mir richtig tapfer vor und zum Glück war das Ding von innen beleuchtet und der Arzt ganz nett. Der Bauch war dank nächtlicher Nulldiät auch okay, nur hing mir vor Hunger fast die Zunge aus dem Hals. Abends gab es endlich pürierte Gemüsesuppe, die ich ohnehin liebe. Das Krankenhausessen hier ist wirklcih erste Sahne, total lecker und abwechslungsreich. Das war auch schon bei Fridas Geburt so.

Am Montag morgen war ich ganz vorbildlich und habe gearbeitet. Per Handy und Mail alle wichtigen Dateien von meinem Kollegen angefordert (ein Glück, wenn der PC zumindest sortiert ist...), dann gebastelt und korrigiert und nachgedacht und gemailt, was die durchlöcherte Hand hergab. So ist das eben, wenn man der einzige ist, der für seinen Job verantwortlich ist. Am Abend kamen dann die Bauchschmerzen wieder. Arrrghh, also doch richtig, hier zu sein. Gar keine gute Laune mehr. Und ich wurde umquartiert, jetzt auf die richtige bauch-chirurgische Station, ein paar Stationen tiefer, direkt neben der Pathologie *galgenhumoran*

Das Zimmer war schon deprimierender, ziemlich alt und gelblichweiss, mit einen Winz-TV mit vier Kanälen und viel kleineren Fenstern. Na, was soll's. Die Nacht da brachte dann die wirkliche Überraschung. Die nette Omi neben mir war nämlich noch eine schlimmere Nachteule als ich und redete pausenlos... zu meinem Entsetzten sowohl wach als auch im Schlaf und die abstrusesten Dinge. Japaner und Vögel und Soldaten... Wo ich wegen Frida schon so einen federleichten Schlaf habe. Und wenn mal keiner gelabert oder gehustet oder gestöhnt hat, kamen garantiert die Schwestern und erklärten mit zig Dezibel, wo man sei und was jetzt passieren würde. Ich lag wie gelähmt in meinem Bett und versuchte, die Augen zuzubekommen, nix. Alle halbe Stunde wach und wenn ich gerade eingeratzt war, ging es wieder los oder jemand schraubte an meinen Kanülen. Herrje, wie soll man da gesund werden?

Dienstag verging wieder mit Warten. Eine Schwester hatte erwähnt, dass sie mich vielleicht nach hause schicken würden, um erst die Entzündung abheilen zu lassen. Wie bitte? Nicht schon wieder... Dann kam der Arzt vorbei und es hiess doch, dass sie noch während dieses Aufenthalts operieren würden. Ein Lichtblick. Also warten und am Tropf hängen und alle drei Stunden um eine Spritze gegen die Schmerzen bitten. Am Nachmittag war ich so hungrig und müde, dass mir fast das Handy aus der Hand fiel, aber ich sollte duschen und bekam OP-Sachen an und Socken mit einem Loch vorne, so dass man den Zettel für den Leichensaal an den grossen Onkel bammeln kann. In dem Zustand...

Dann die nächste Nacht, noch schlimmer als die erste, aber am Vormittag kehrte Ruhe ein (oder ich bin ins Koma gefallen), so dass ich zumindest bis mittags schlafen konnte. Die Sonne schien auch - und es war mein Geburtstag und sooooo viele Leute hatten mir auf Facebook, per Mail oder SMS gratuliert *freu* Das war richtig schön. Und Männes Schwester und meine besten Kindheitsfreundin hatten sich endlich beim Gesichtsbuch angemeldet, so dass wir besser Kontakt halten können. Dann wieder duschen und Hemdchen an und los ging es. Die asiatische Assistentin witzelte mit mir im OP-Saal, ich guckte interessiert die Instrumente an und der finnische Anästhesist wünschte mir, als die Augen zufielen, noch eine deutsche "gute Nacht, schlaf schön", so dass ich mich tatsächlich grinsend von dieser Welt verabschiedete.

Dann ganz woanders aufgewacht, trockener Mund und ein scheusslich schmerzender Rücken und eine halb ausgekugelte Schulter, aber meine ganz eigene, ganz liebe finnische Aufwachschwester, die alle fünf Minuten rannte, um mir Wasser zu holen. Operiert, jess!!! War ja gar nicht so schlimm. Und wirklich nur Löcher im Bauch, kein langer Schnitt und sooo schön geschlafen. Na endlich. Auf dem Zimmer wartete wieder eine wilde Nacht, so richtig müde war ich ja auch nicht, aber was soll man halt machen... stillhalten und hoffen, dass man irgendwann wieder raus kommt.

Donnerstag war schon der sechste Tag und irgendwie traurig. Ich wusste zwar, dass ich das Schlimmste überstanden hatte und die Wunde tat auch nur ein bisschen weh, ziepte wie Seitenstechen, aber eine Schwester hatte mir gesagt, dass sie einen richtig festsitzenden Stein noch über den Mund herausangeln müssen. Per Magenspiegelung, mit Farbe und Röntgen und möglicherweise Nebenwirkungen, aaaarrrhhh. Wo ich doch im Herbst dabei fast meinen eigenen Körper abgegeben hatte, das ist ja nun wirklich grauenhaft. Und dann noch 30-60 Minuten lang, wie sollte ich das aushalten, ohne zu ersticken? Von anderen Hiobsbotschafen ganz abgesehen.

Glücklicherweise war eine meiner besten Freundinnen an dem Tag als Schwester auf Arbeit, meine Eltern haben angerufen und meine Tante, und am Abend habe ich mit meiner Cousine über verrückt gewordene Omas gelästert - vielleicht habe ich meiner auch das Leben gerettet, nachdem ich sie daran gehindert hatte, einfach mit allen Kabeln auszurücken - und lange Spaziergänge rund um die Abteilung konnte ich auch schon machen und dann kam auch noch Männe vorbei und irgendwie würde die Zeit schon herumgehen. Abends intelligenterweise nach Schlaftabletten verlangt und dann wirklich nur einmal wach gewesen, super!

Dafür hatte ich am Freitag einen argen Kater *würg* und lähmende Angst vor dieser Angelaktion. Nicht mit mir, bitte... irgendwie wegbeamen... dann ging es doch los. Mit Bett dahin und Medi schlucken und hinlegen und dann Schlauch in die Schnute *ööörkkkkss* und dann irgendwann tat es ganz doll weh und die holten Drähte und Schläuche wieder raus und es war eine halbe Stunde vergangen. Ich war mir sicher, dass ich die ganze Zeit wach gewesen war, aber dann kamen mir doch Zweifel... nein, niemals, ich wäre da doch fast erstickt und hätte gewürgt und Panik bekommen und so, und an die Fahrt in mein Zimmer konnte ich mich auch nur halb erinnern.

Und vor allem konnte ich die Schrift auf meinem Handy nicht lesen, als ich Mika hinterher simste und die Schwester stand auch doppelt vor meinem Bett - also ganz ganz schlimme Dröhnung, diese Medis. Meine Freundin hatte ja gesagt, dass die meisten sich kaum daran erinnern, und das stimmte, aber erst im Nachhinein. Gott sei Dank. Ganz komisch, so stockbesoffen war ich schon lange nicht mehr, richtig witzig eigentlich =) Zwei, jeweils fünf Millimeter grosse Kullern haben sie aus den Gängen gepult, halleluja.

Ich war fest überzeugt, dass die mich wegen der Komplikationen noch eine Nacht dabehalten wurden, aber dann kam eine Schwester und fragte, ob ich nach Hause möchte. Was, jetzt schon? Im Ernst? Aber, äähm, hicks, erst wenn ich wieder nüchtern bin, ja? Noch ein bisschen liegen und einen klaren Kopf bekommen. Das klappte dann auch ganz gut und dann kam meine liebe Familie und es ging endlich ab nach Hause. Aus der kurzen Stippvisite bei der Ersten Hilfe war eine ganze Woche geworden.

Eine Woche in einer ganz anderen Welt und doch würde es im Nachhinein eine kurze Episode sein. So wie im letzten Dezember ein Ausflug in auf die andere Seite... aus der wir jungen Leute in der Regel noch relativ schnell wieder ausbrechen können. Ich könnte niemals Krankenschwester sein, vor allem nicht für alte Leute. Bei Tieren kann man helfen, bei Menschen nur zugucken und flicken, was zu flicken geht. Nein, das ist nicht richtig. Aber ich bin meine Steine los. Und vielleicht wird alles andere jetzt auch einfacher, gucken wir mal! Jetzt drei Wochen zuhause, richtig erholen und gesund werden. Das war schon ganz lange vonnöten.

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