Dienstag, 6. Juli 2010

Kultakero + Pelkosenniemi...

Langsam wird es schwer, jeden Tag aufzuschreiben, was wir gesehen und gemacht haben. Ich sehe immer nur Rentiere auf Asphalt und vor Wald und in allen möglichen Kombinationen vor meinem inneren Auge, hehe. Heute nacht wusste ich vor Hitze überhaupt nicht mehr wohin. Ohne Sachen und ohne Decke geschlafen, Fensterklappe ganz auf und Rollo runter, aber immer noch viel zu hell und zu warm. Kann nicht mal zur Abwechslung die Sonne untergehen? Oder eine frische Brise in unser Zimmer wehen? Morgens entsprechend fertig wach geworden. Aber egal, wir hatten wieder viel vor.

Mit unserem Auto nach Pyhä gefahren, Strecke kannten wir ja schon. Gleich zielstrebig zum Sessellift gefahren, der die Besucher ungefähr vom unteren Drittel des Berges auf den Kultakero-Berg bringt, Teil vom Pyhä-Fjäll. Übrigens einer der Gründe, wieso ich nachts kein Auge zugemacht hatte... ich konnte mir nicht vorstellen, wie wir die zappelige Frida da rauf- und wieder runterbringen sollten. Respekt vor Höhen und Tiefen hat sie gott sei dank inzwischen, aber wenn sie dort plötzlich weg oder absteigen wollte, mitten in der Fahrt, hätte niemand von uns sie festhalten können. Ein hauendes und sich windendes und kratzendes Kleinkind zehn Meter über scharfkantigem Geröll?

Also hatten wir uns schon im Auto geeinigt, dass Oma und Opa erst allein fahren, wir ins Naturzentrum oder Bistro gehen und uns dann abwechseln. Insgesamt hatte der Lift aber nur noch bis 15 Uhr auf. und insgeheim wäre ich schon gern mit Frida gefahren, hätte gern gesehen, wie sie das meistert - andere Kinder in dem Alter waren ja laut Auskunft des Personals auch schon ganz selbstverständlich mitgefahren. Aber die hatten ja auch keine Zappelgene... *grübel* Wie als unschlüssig an der Talstation herumgestanden und gegrübelt. Mit Gürtel oder Strickjacke oder Handyladekabel festbinden? Ergo hatten wir leider zuhause gelassen (wenn man schon mal etwas in die Schränke räumt, statt es an der Garderobe hängen zu lassen...)

Schliesslich fassten wir uns ein Herz. Los, wir fahren. Tiita kommt auf Männes Schoss, Mama hält die Kameras fest und das Herz in der Hose und wenn was schiefgeht, müssen wir uns abseilen, laut um Hilfe brüllen oder doch den locker umgebundenen Gürtel benutzen. und was passierte? Kaum waren wir auf den Doppelsitz gehopst, lachte und kicherte eine kleine Stimme laut, sagte "Kivaaaa!" und verlangte "lisää vauhtia!". Oh Du meine Güte. So ging eigentlich die ganze Fahrt gut. Ich zitterte innerlich und zählte die Sekunden, aber fest sass sie in Papis felligen Armen und erzählte, was sie da unten für Rentiere und Blumen und Wald sah.

Oben machten Omi und Opi riesige Augen, als Frida in das Tsokka-Restaurant marschiert kam. Wo auf der Sonnenterasse sogar ganz winzige Liegestühle für so kleine Personen standen. Oben tatsächlich scharfkantiges, mit Flechten übersähtes Geröll, grosse Funkmasten, niedrige Bäumchen und viele Baustellen. Und eine super Aussicht auf endlose Wälder, den knallblauen Pyhäjärvi und schöne gestreifte Aapamoore. Aaaaah. Ganz toll, so oben zu sein. Zur Feier des Tages gab es auch noch lecker Möhrenkuchen und Waffeln mit Beerensosse. Frida fand besonders das Vakuumklo superinteressant, und ich war froh, mein Handy mit frischem Gipfelstrom aufladen zu können. Beinache auch das Kabel dagelassen, weil alle vor Begeisterung nur hin und herrannten und sich gegenseitig die Sachen hinterhertrugen, aber natürlich nicht wussten, was wer wo gelassen hatte =)

Nach einer langen sonnigen Stunde mit vielen Fotos wieder zur Seilbahn und zurück. Glücklicherweise wollte Tiita wieder auf Papas Schoss. Ein kleines Drama entstand noch einmal, als kurz nach dem Aufsteigen etwas Blaues aus Fridas Hand fiel. Fridas Mickymaus! Ach Du liebe Güte. Ich schnell zu Opi hinter uns gebrüllt, der gerade aufsteigen wollte, aber so noch schnell hinunter ins Gras rannte und das fingerhutgrosse Teil aufsammelte. Das wäre sonst Grund genug zum Quengeln und Absteigen gewesen... so beruhigte sich die kleine schnell damit, dass die Maus hinter uns reisen würde. und ein kleiner Troll aus der Handtasche half auch. Puh.

Unten dann wieder das obligatorische Souvenirgeschäft, Frida guckt unheimlich gern die vielen bunten sachen an. Socken für uns beide fielen ab, mit Huskies und Elchen. Und eine Tasse mit Lapplandsymbolen. Dann draussen wieder die obligatorischen Rentiere, wieder mitten auf der Kreuzung und die ganze Herde auf einmal. Einfach Klasse und so schön. Vor allem, weil sie um diese Jahreszeit diese riesengrossen, weich umbasteten Geweihe tragen. Exotisch und schön und so wild.

Am späten Nachmittag auf Männes Wunsch noch eine Viertelstunde weiter nach Pelkosenniemi gefahren. Dort sollte die Statue eines berühmten Musikers stehen, Andy McCoy von Hanoi Rocks, der inzwischen wohl schon fast in den ewigen Jagdgründen des Rock'n Roll weilt. Wieder wunderschöne Landschaften, weite Moore, der Kemijoki-Fluss und rote und gelbe halbverlassene Häuschen rechts und links. Wie schön bei +26 Grad und wie einsam sicher beim gleichen Wert in minus. Die Statue stand mitten auf dem Dorfplatz, aus Holz und ganz bunt angemalt. Männe lachte zum ersten Mal auf dieser Reise, vielleicht in diesem Jahr und filmte.

Dann passierte noch etwas eigentümlicheres. Ein Mann kam mit einem Auto, stellte einen wackligen Tisch vor das Denkmal, kletterte darauf und fing an, die Plastik anzustarren und daran herumzutasten. Häh? Klar, das eine Bein des Helden war arg gespalten, obwohl das Ding überhaupt erst 2009 aufgestellt worden war. Herzholz zu schnell getrocknet, erklärte er uns fachmännisch. Dann holte er eine grosse Kettensäge aus dem Kofferraum. Oha, jetzt wird es spannend, dachte ich. Männe strahlte noch mehr. Nach weiterem Fachsimpeln begann der Mann, das Knie fachmännisch aufzusägen. Aha, der Künstler in Person! Und er würde vor unseren Augen das Bein reparieren. Klasse.

Frida hielt sich aufgrund des Sägelärms die Augen zu und wir mussten erst einmal zum Flussufer fliehen, während der Papa fleissig weiter griente und filmte. Fehlte nur noch, die frischen Fotos an Iltasanomat zu schicken. Dann gab es noch lecker Eis und wir guckten zu, wie zwei Männer einen frischen Stöckerzaun feststellten Diese aus doppelten vertikalen und darüber schräg gelegten und festgebundenen Hölzern bestehenden Bauwerke finde ich auch ganz toll. So einen könnten wir um unser neues Grundstück setzten, wenn wir nicht so viele furchtbar linke Finger in unserem Haushalt hätten. Die Pfähle sitzen übrigens nur 30 cm tief in kleinen, mit einer Metallstange gestossenen Löchern und die Enden sind angekohlt, um ein Verfaulen zu vermeiden. Wieder was gelernt, vielleicht versuche ich das doch noch selbst.

Erschlagen und müde die 40 km nach Hause. Mit Babyren auf der Fahrbahn. Bei der Post geguckt, ob mein Brief schon angekommen ist - schon alles zu. Kurzes "Ha, fahr mal hier rechts und dann halt an, ich muss ein Foto machen" vor dem Amethystenbad. Ursache war allesn klar - Wieder eine ganze Herde Rentiere, diesmal direkt vor dem Hoteleingang, den Balkons und der Schwimmhalle. Ob die ein Zimmer buchen wollten? Ganz zielgerichtet standen sie vor der Eingangstür, einige lagen, einige bewachten die Autos und alle sahen leicht gelangweilt aus, als die Touristen um sie herumhopsten und die Kameras zückten. Ach meine lieben guten Poros *knuddel* Hier ist was los... so schön habe ich mir das in meinen kühnsten Lapplandträumen nicht vorgestellt.

Abends haben wir noch zünftig gegrillt. Mit ein paar Mücken und vielen Bremsen und tatkräftiger Unterstützung unserer lokalen Nachbarn und Hausbetreuer, die sogar einen halbdeutschen Besucher vorweisen konnten, der netterweise auch noch eine Huskyfarm besitzt. Angesichts des heissen Wetters spendierte man uns sogar einen Greippilonkero *lecker* Danach die übliche Abendsauna und dann haben wir Tiita nach stundenlangem Herumgezappel zu Omi und Opi ins Bett verfrachtet. Mal sehen, ob sie da bleibt. Die erste Nacht allein in Omila =)

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