Sonntag, 10. August 2014

Schulanfang auf finnisch

Zunächst muss ich sagen, dass hier nicht so ein Tamtam um den Schulanfang gemacht wird wie in (Ost)Deutschland. In dem Jahr, wo man sieben wird, geht man halt da hin, und gut iss. Zu dem Zeitpunkt hat man normalerweise auch schon ein Jahr Vorschule hinter sich, entweder im Kindergarten oder schon als extra Gruppe in einem Schulgebäude. Klar hindert - wie ich jetzt weiss - auch die relative Nüchternheit der Finns die Mamas nicht davon ab, ein paar Tränchen zu verdrücken, wenn der viel zu schnell gross gewordene Nachwuchs plötzlich morgens allein mit einem Riesen Rucksack losmarschiert :)

Und allein, ja. Die grosse Mehrheit der finnischen Mamas, als fürsorgende äiti bekannt, arbeitet nämlich Vollzeit. Und nicht wenige fallen völlig aus den Wolken, wenn der Stundenplan der ABC-Schützen gleich von Anfang an sehr wechselnde Zeiten anzeigt..
wer erst um 9 oder 10 da sein braucht, muss halt allein aufstehen, Frühstück essen und loslaufen, und das ist auch durchaus so gewollt. Finnenkinder sind sehr selbstständig, vielleicht auch gut so.

Also wir haben es etwas langsamer gemacht. Natürlich die knapp 2 km schon mal in den Ferien geübt, mit Bus 4 und zu Fuss knapp 30 min, fast nur geradeaus, aber mit riesiger und im Winter eisig ziehender Brücke. Ohne schnaufende Mama und pinkelnden Rüden ginge es sicher noch schneller. Aus praktischen Erwägungen und Zeitmangel bringe ich das Kind momentan noch mit dem Auto auf die andere Seite des Sees und dann laufen wir die letzten 15 min, was ganz angenehm ist.

Insgesamt gibt es ca. 80 Kinder in vier ersten Klassen, dazu eine schwedischsprachige Klasse mit sensationellen sechs Schülern und eine Startti-Klasse, in die erst einmal alle Kiddies gestopft wurden, die ihr finnisch noch aufpäppeln müssen. Sieht ein bisschen komisch aus, wenn so viele dunkelhäutige und russisch ausssehende Steppkes extra gepackt werden, ist aber für ihren Lernerfolg sicher langfristig sinnvoll. Klar gibt es auch viele Einwandererkinder, so wie unsere, die gut genug finnisch sprechen und dann noch die, die optisch unter den flachshaarigen Finnen gar nicht auffallen :) Insgesamt schätze ich, u.a. aufgrund der im Sommer ausgehängten Namen, dass in unserem Jahrgang min. 20% Migrationshintergrund haben, sehr interessant im Vergleich zu dem Vorstadtnest mit gefühlten 2-5%, wo wir letztes Jahr noch gewohnt haben.

Gefördert wird auf jeden Fall. Neben der Klassenlehrerin gibt es noch eine Helferin, dann natürlich Schulpsychologe, Sonderpädagogen, Krankenschwester und einen Rektor in Shorts :) Förderunterricht und Hort (100 € im Monat, weia), aber auch kostenloses Mittagessen, Stifte, Papier und Bücher umsonst. Wer weiter als 3,5 km wohnt, bekommt ein Busticket oder wird mit dem Taxi aus seinem Waldhäuschen abgeholt. Klar ist unsere Stadt pleite und hat viel zusammengestrichen, aber ich glaube, wir sind immer noch sehr gut bedient.

Am ersten Morgen trafen sich also Kinder und Eltern auf dem Schulhof, als Kinder wurden mit Namen aufgerufen und dann von ihren Lehrerinnen in die Klasse gebracht. Mit richtigen Pulten, für jedes Kind eins, die Schuhe werden natürlich schon im Flur ausgezogen und jedes Kind hat seinen eigenen, mit Namen markierten Platz für die Sachen. Sinnigerweise steht der Name auch am Pult, und statt Federtasche können die Kids die Stifte in einer kleinen Plasteschale lassen. In Finnland schreibt man übrigens mit Bleistift und Radiergummi. Bis zum Abi.

Und natürlich hat mein Schatz eine grosse Schultüte bekommen. Extra im Mai aus Potsdam mitgebracht. Ein bisschen komisch fand sie es schon, so als einzige in der ganzen Schule, aber das musste sein. Gefreut hat sie sich glaube trotzdem ;)

2 Kommentare:

  1. Klingt ganz schön anders als in Deutschland, schreibt man in Arbeiten/Klausuren auch mit Bleistift ? :)

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  2. Klassik ganz schön anders als in Deutschland, schreibt man in Arbeiten/Klausuren auch mit Bleistift ? :)

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