Dienstag, 22. Juni 2010

Alienattacke...

Oho, das war vielleicht eine Begegnung der anderen Art. Erst fragt man sich, wieso man sich das bloss antut und dann fragt man sich, wieso man das nicht schon viel eher gemacht hat =) Aber der Reihe nach.

Ich habe ja schon jahrelang mit einer Laseroperation der halbblinden Augen geliebäugelt, mich aber immer vor den Risiken gescheut bzw. nicht genug Bares auf dem Konto gehabt. Drei Jahre Baby- und Stillpause waren auch eine gute Ausrede. Aber jetzt, wo wir unser Haus eh verkaufen, kommt es auf die paar Mäuse vielleicht auch nicht an. Vor allem, wo ich seit meiner Augenentzündung im April immer nur Brille getragen habe und im fortgeschrittenen Alter auch den geliebten Kontaktlinsen nicht mehr so ganz unkritisch entgegenstehe.

Aber im Grunde war das Ganze mal wieder ein Selbstläufer a la Suse. Ich wollte zumindest zur Voruntersuchung, um zu wissen, ob man meine Augen überhaupt lasern könnte. Wenn nicht, bräuchte ich nämlich überhaupt nicht mehr darüber nachdenken. Zumal ich in den nächsten vier Jahren noch zwei, drei andere Pläne habe, die auf ihre Verwirklichung warten. Heh, klar waren die Augen laserfähig. Und klar hatten wir sicherheitshalber schon einen Operationstermin vereinbart, als ich mich zur Voruntersuchung angemeldet habe. Den man natürlich wieder absagen könnte, wenn man denn unbedingt wollte. Wenn. Genauso bin ich übrigens auch als superschüchterne Studentin in Finnland gelandet - einfach blindlings alle Anmeldebögen ausgefüllt, Flüge gebucht und dann lief das einfach alles so automatisch *ggg*

Am Dienstag jedenfalls um 9:00 im benachbarten Scandic's aufgelaufen, um eine vergessene externe Festplatte abzuholen und einen fremdgebrühten leckeren Macciato zu schlürfen. Zur Nervenberuhigung noch einen Schokomuffin. Dann die paar Meter zu Medilaser getapst. Gleich nach Beruhigungstabletten gefragt - zumindest das habe ich bei Hugoliinas traumatischer Geburt gelernt - Drogen gibt es nur auf Nachfrage und ganz bestimmt nicht mehr in der letzten Minute. Zeug geschluckt und motivierende Einrichtungszeitschriften gelesen (gibt es superviele in Finnland!) und der Dinge geharrt, die da kommen sollten.

Dann Arzt meinen exotischen Namen aufgerufen, sich noch einmal die Struktur der Augen angesehen und die Werte überprüft. Alles okay. Wieder warten. Dann in ein anderes Zimmer. Schuhe aus und Brille ab (hei hei und können wir die jetzt gleich nach Afrika schicken???) und auf eine Liege legen, hinter der drei orange gekleidete Astronauten, ääähm Ärzte, standen. Puuh, viele Köche verderben den Brei... aber in diesem Fall würde ja die Technik übernehmen. Bloss keine Stromsperre bitte, dachte das DDR-Kind noch. Bitte nicht daneben schneiden. Nach hinten gerutscht und Kopf in so eine Vertiefung gelegt. Fertig zum abschlachten sozusagen =)

Dann wurde so ein ufoartiges Gerät über den Kopf geschoben. Mit grellen LEDs und blinkenden grünen und roten Lampen. Na super, was machst Du das bloss??? Weg kannst Du auch nicht mehr. Oder zumindest wäre das superpeinlich (auf die gleiche Art habe ich übrigens auch meinen lieben Hund bekommen, fällt mir gerade ein). Mann hinter meinem Kopf gab Anweisungen und erklärte mit monotoner und hypnotisierender Stimme, was er gerade macht. Keine Ahnung, ob das jetzt beruhigend oder eher noch beängstigender war... die Papiere der Klinik hatten nämlich auch in schrecklicher Deutlichkeit beschrieben, was da auf welche Art gemacht wird - ich glaube so genau wollte ich das gar nicht wissen.

Also erst Lider oben und unten mit dicken Klebestreifen festgeklebt (hilfe, wo ist hier die Tür?). Dann sollte ich so ein grünes Lämpchen direkt über der Pupille anstarren. Derweil klingelten sämtliche Alarmglocken der Urzeit. Raus hier und sofort! Die spiessen Deine Augen auf... Genauso wie beim Zahnarzt half nur der Verstand, einigermassen ruhig auf der Liege liegen zu bleiben. Hände in den Taschen festgekrallt. Sinnigerweise hatte der Doc vorher noch darauf hingeweisen, dass die Patienten daran denken sollen zu atmen, damit ihnen nicht schwubbelig wird. Na super (kleines höllisch verzogenes Grinsen auf den Lippen und vor Horror weit aufgerissene Augen). Auf die selben wurde dann eine Art Metallreifen gesetzt (AAARGGGHH), ich sah nur noch schwarz (WEG HIER!!!) und man würde gleich den Deckel der Pupille aufschneiden.

Vor Angst fast abgedreht hörte ich dann eine Art Kreissäge (chrrr...) und wie der Arzt langsam erst rechts und dann links sagte, während irgendwas um meinen Augapfel herumsägte. Sehen konnte ich natürlich gar nichts mehr, die Seele hatte sicher auch schon den Körper verlassen und lauerte irgendwo draussen, was jetzt passieren würde. Angeblich sollte es ja nur wenige Minuten dauern und die machen das nicht zum ersten Mal.... dann machte es kurz wups oder so und ich sah ganz verschwommen rot und grün, während irgendwas an meinen Augen herumfummelte. Tat aber nicht weh, war nur total unreal. Lasern die jetzt? Alienattack eben. Von Ausserirdischen entführt und die setzten Dir irgendein Implantat in die Rübe ein.

Dann klappte ein eigentümliches Fenster über das Auge und jemand strich mehrmals mit einem weissen Pinsel oder Kuchenschieber über die Pupille. He, witzig, das so von innen zu sehen, total irreal. Linse glattstreichen, hehe. Dann ganz langsam Auge zu machen, so wie beim Schlafen Schon fertig? Achja, ich habe ja noch ein Auge. Aber jetzt wusste ich was kommen würde. Musste nur nochmal alles ertragen und wissen, dass es ja bald vorbei ist. Nochmal in die Liege krauchen und Verstand ganz weit weg schicken =)

Dann kam die nette Ärztin rein, die mich vor einigen Wochen zuerst untersucht hatte. Sie lachte ganz freundlich, bat mich, mich aufzusetzen und ganz vorsichtig die Augen aufzumachen. Jetzt schon? Wirklich? Und das Auge fällt nicht raus? Nein, gar nicht. Da war nur die nette Frau und das Behandlungszimmer und ein Schrank mit Spiegeln und alles sehr sehr scharf, nur etwas neblig. COOOOOL. Hey, so schnell. Wunderheiler. Willkommen im 21. Jahrhundert. Klar, als Kontaktlinsenträger ist so ein Rundumblick nicht so umwerfend, wie alle Brillenträger es geschildert haben, aber das werde ich wohl später noch zu schätzen wissen, wenn ich alles verstanden habe.

Aber erst einmal ausruhen. Eine Stunde
mit Sonnentaucherbrille auf der Nase in ein Nebenzimmer auf eine ganz weiche Liege. Hehe, dachte ich gut gelaunt. Dann aber fingen die Augen doch an zu brennen, nicht so schlimm wie bei einer Augenentzündung, aber immerhin schon so eklig, dass man die Blinker unmöglich aufmachen konnte. Ab und zu versuchte ich ein paar Millimeter, aber jedesmal kamen nur Tränenbäche und ein greller Lichtstreifen, so dass ich mich lieber wieder auf die Kissen sinken liess. Eine Stunde... keine Ahnung, wie lange das so im Dunkeln ist. Männe hätte gern die Hand halten können...

Relativ schnell kam die Tante wieder und bat mich ins Wartezimmer. Ähhm, aber ich seh doch gar nichts. Mehr oder weniger schwammig (vielleicht wäre es ohne die Tabletten doch besser gewesen? (Auch bei Hugos Geburt gelernt...) tapste ich zu den anderen Wartenden, die mehr oder weniger entsetzt mein Heulgesicht anstarrten. Eine andere Patientin, die kurz nach mir operiert worden war, hackte derweil schon fleissig auf ihrem Handy herum. Das wollte ich auch. Also vorsichtig und mit ein bisschen Gewalt die Augen immer mehr aufgehalten.

Dann bezahlen. Klar war das Konto aufgefüllt, aber die Abhebgrenze zu niedrig für solche Riesensummen. Routiniert gab mir die Sprechstundenhilfe die Nummer der Bank. Halbblind mit Osuuspankki telefoniert, mit Ach und Krach an IDs, Geheimnummer und Tans erinnert und getipselt und dann war das auch erledigt. Stolz war ich, die neuen Augen schon so gut benutzen zu können.

Männe kam dann auch mehr oder weniger missmutig gelaunt (typisch) und führte seine munter quatschende blinde Frau durch das grelle Sonnenlicht zum Auto. Überstanden! Zuhause auf die Couch gepackt und ausgeruht. Vorsichtig durch die Sonnenbrille gelinst, Katzen beim Spielen zugesehen und Blätter und Bäume draussen angeguckt. Tropfen ins Auge getröpfelt. In den Spiegel geschaut und mit dem Handy tolle Boxopfer- und Wasserleichenbilder gemacht. Das mobile Internet ausprobiert und, als es ganz langweilig wurde, RTL-Schrottfernsehen angeschaltet. Immer besser alles.

Frida war auch ganz lieb und streichelte die Mama, als sie von der Tagesmami kam. Fragte, ob Mamis Augen schon wieder gut sind (und beinahe mit dem Finger da rein gepiekst). Draussen eine Deckenbutze gebaut und Meerschweinchen grasen geschickt. Thaiessen bestellt. Dann für eine Weile unter einem Regenschirm und mit Stevie-Wonder-Brille im Garten gesessen und Post gelesen. Nicht schlecht. Abends fühlten die Augen sich an, als ob man am Vortag geheult hätte. Nicht mehr und nicht weniger. Hah, wenn das so bleibt... bis ich meine Brillen und letzten Kontaktlinsenbehälter in den Müll schmeisse, gehen aber mit Sicherheit noch einige Wochen ins Land. Übrigens auch nett, sich nach zwei Monaten mal wieder selber im Spiegen angucken zu können *lach*

3 Kommentare:

  1. Ich gesetehe, ich hab` nur den halben Bericht gelesen. Danach tränten meine Augen alleine schon von der Vorstellung, da würde jemand dran rumfummeln...
    Augen-OP - das steht auf meiner Albtraumliste auf den ersten 5. Plätzen! Und somit bewundere ich deinen Mut um so mehr!! Aber schön, wenn es was gebracht hat!

    AntwortenLöschen
  2. Hallo,
    ich lese schon sooo lange deinen blog-und habe mich bisher noch nie geäußert! Ich mag irgendwie deine Art, wie du schreibst. Und natürlich ist es auch interessant, in den Alltag anderer Menschen zu blicken. Und wenn sie dann noch in Finnland wohnen- joa, dann bin ick als Leserin dabei ;o)!

    Ich habe mich schon häufiger gefragt, wie so´ne Augen-OP erfolgt. Ob man dann die Messer langsam immer näher kommen sieht, matschige Geräusche hört, wenn die Messer ins Auge eindringen usw.usf. Und ehrlicherweise fand ich deine Schilderungen jetzt auch nicht wirklich beruhigend. Ich konnte förmlich spüren, wie du da am liebsten aufgesprungen wärst. Und beinahe hätte ich dich auch laut angefeuert und dir zugeschrien "Loooos, renn weg!Schneeellll!" Boah, nee, ich glaube, ich würde den Spaß echt nur im absoluten Notfall mitmachen.Und selbst dann würde ich es mir noch überlegen.

    Wünsche deinen Augen einen guten und schnellen Heilungsprozess! Vielleicht siehst du ja nun Dinge, die dir bisher verborgen blieben!?
    Schöne Grüße!

    AntwortenLöschen
  3. Das hast Du aber nett geschrieben! Die Augen sind schon viel besser, aber PC gucken ist noch ein bisschen anstrengend =)

    AntwortenLöschen